
Pferdefütterung - Die Ölfütterung
In vielen Ställen stehen sie: Die Ölflaschen oder –kanister.
Häufig Leinöl, aber auch andere. Sie sollen zu mehr Energie und glänzendem Fell verhelfen.
Aber ist dem wirklich so?
Ich möchte die Ölfütterung mal aus kritischer Sicht beleuchten.Zunächst einmal folgt ein kleiner Exkurs in die Verdauungsphysiologie des Pferdes- damit wir verstehen, was denn eigentlich mit dem Öl im Pferdekörper passiert.
Die Verdauung von Fetten erfolgt beim Pferd im Dünndarm. Das Enzym Lipase zerlegt die Fette in ihre Bausteine- die Fettsäuren-damit die Fette überhaupt vom Körper aufgenommen werden können. Bevor dies jedoch möglich ist, müssen die Fette mittels Emulgatoren wasserlöslich gemacht werden. Diese Funktion übernimmt die Gallenflüssigkeit, resp. die Gallensäuren,welche von der Leber produziert werden.Der Mensch (oder auch der Hund) besitzt eine Gallenblase- hier wird die Gallenflüssigkeit gesammelt und gespeichert und wenn fetthaltige Nahrung vom Magen in den Dünndarm gelangt, freigesetzt, so dass auch grössere Fettmengen problemlos verdaut werden können. Beim Hund dient Fett z.B. als Energielieferant Nr.1! Der Verdauungstrakt des Hundes ist auf die Verdauung von sehr fettreicher Nahrung ausgelegt.Nicht so beim Pferd!Da das Pferd in der freien Natur/ in der Steppe seit jeher keine fettreiche Nahrung aufnimmt, besitzt es auch keine Gallenblase.Füttern wir also unserem Pferd in guter Absicht grössere Ölmengen, so kann es diese aufgrund der mangelnden Gallenflüssigkeit überhaupt nicht emulgieren und somit auch nicht verwertbar machen.
Was passiert denn nun aber genau, wenn grössere Mengen Öl ins Pferd gelangen?
Das Öl überzieht den Nahrungsbrei mit einem Fettfilm. Dies bewirkt zum einen, dass der Nahrungsbrei viel zu schnell durch den Verdauungstrakt gleitet und im Dickdarm landet.Der Dickdarm ist für die Verdauung von Cellulose zuständig. Während das Kraftfutter grösstenteils im Dünndarm verdaut wird. Nun haben wir also das Problem, dass das Kraftfutter möglicherweise nicht genügend im Dünndarm verdaut werden kann und so ein Grossteil im Dickdarm landet. Dort vermehren sich dann die „falschen“ Mikroorganismen (Milchsäurebakterien), die dann das Kraftfutter abbauen. Die unverdauten Fette, die dadurch ebenfalls im Dickdarm landen, schaden der Darmflora ebenfalls. So vernichten sie einen Teil der „nützlichen“ Bakterien, die normalerweise für die Verdauung von Cellulose(z.B. Heu) zuständig sind. Das heisst, dass weder die Stärke und die Eiweisse der Kraftfutterration, noch die Cellulose der Rauhfutterration ordentlich verdaut werden können und wir eine komplett verschobene Darmflora haben.Durch den fettüberzogenen Nahrungsbrei wird als Folge auch die Nährstoffresorbtion eingeschränkt.Durch die überhöhte Aufnahme von Fremdfetten, welchedas Pferd nicht aufspalten kann, wird zudem der Stoffwechsel unnötig belastet.Die Fremdfette, welche für den Körper nicht verwertbar sind, müssen vom Körper anderweitig „entsorgt“ werden. Dies geschieht hauptsächlich über die Talgdrüsen der Haut. Dies ist auch der Grund, weshalb das Fell dann augenscheinlich glänzt!Die Fremdfette überziehen das Fell mit einem feinen Fettfilm. Dies wird oft mit einem gesunden Fellzustand verwechselt.Reine zusätzliche Ölfütterung macht also an sich keinenSinn. Es sei denn sehr (!!!) dosiert. Und damit meine ich max. 50ml auf mehrere Portionen täglich verteilt!
Viel sinnvoller und naturnaher bei einem erhöhten Bedarf (z.B. Fellwechsel/Winter) ist die Fütterung von Ölsaaten! Oder haben Sieschon mal ein Wildpferd aus dem Ölkanister trinken sehen? ….um es etwas überspitzt auszudrücken!
Ölsaaten bieten wertvolle Fettsäuren, jedoch in einer gut verwertbaren Menge und Form. Ebenso sind sie reich an Vitaminen,Mineralstoffen und Spurenelementen.
Zur Fütterung eignen sich z.B. Leinsamen, Chiasamen,Sesam, Sonnenblumenkerne, Hagebuttensamen, Schwarzkümmelsamen, Hanfsamen, usw.Übrigens enthält gutes Heu auch Fettsäuren (1-2%), sodass ein Pferd bei einer Heuaufnahme von z.B. 10kg ca. 100-200ml Fettsäuren aufnimmt!!!
Fütterungsberatung für Pferde und Hunde
Bamert Rebecca